Nebenstrecken am Col de la Bonette

Gefahren im Jahr 2002 (Karte)

Anfahrt Wenn man einmal die lange Anreise außer Acht lässt, dürften die Pässe der Route des Grandes Alpes mit zu den interessantesten Abschnitte der Alpen für uns Motorradfahrer zählen.

Nachdem wir, das sind meine Freunde Thomas, Tilman und ich, bereits vor drei Jahren dieses Gebiet erkundet haben, wollten wir letztes Jahr (2002) eine ähnliche Tour mit unseren Frauen machen. Um die Geschichte erträglicher zu gestalten, wählten wir die Anfahrt mit dem Autoreisezug bis Avignon. Dieses Verkehrsmittel bot sich insbesondere deshalb an, da die gleichen Pässe nicht mehr oder weniger zweimal fahren wollten und 6 Tage für diese Tour eh knapp bemessen sind.

Von Avignon gings – grob – durch die wunderschöne Provence über den Grand Canyon du Verdun Richtung Osten. Abgesehen, dass für meinen Geschmack zu viele Touristen diesen Grand Canyon der Franzosen anziehend finden, ist diese Naturgewalt allemal eine Reise wert. Weiter über die RN 202, die Gorges de Daluis, Superieur du Cians und de la Vesubie abscannend, sind wir endlich in gebirgigere Regionen gekommen. Über den Col de Turini – den kleinen Umweg auf den Gipfel „l´Authion“ sollte man sich gönnen – ging's über Sospel zur RN 204, der Anfahrt zum Col du Tende – unserem erstem geplanten Ziel. Den alten Col du Tende haben wir schon einmal vor ein paar Jahren befahren und haben ihn als landschaftlich atemberaubendes Kurvenkarussell mit Naturbelag in bester Erinnerung, weil es uns fahrtechnisch keinerlei Probleme bereitete. Leider haben wir trotz intensiver, 5-stündiger Suche aufgrund der Hauptferienzeit kein Bett gefunden – selbst die Hotelburgen in Ventimiglia waren restlos ausgebucht (nein, wir sahen nicht gefährlich aus!) schliefen wir in einem kleinen Park im Freien ohne Schlafsack, Zelt etc. in Breil sur Roya, etwa 15 km von der Grenze an der RN 204 gelegen. Dass ich mir das mit 47 Jahren noch antun muss!!!

Aufgrund zugequollener Augen, steifer Knochen und „leichter“ Müdigkeit ließen wir die alte Tenda-Straße aus und fuhren durch den Tenda-Tunnel nach Italien, um danach über den wunderschönen Col de la Lombarde von Italien nach Frankreich zu unserer Basisstation in einem kleinen Nest südlich des Colle de la Bonette, dem Dorf Isola, zu gelangen.

Einen Abstecher zum relativ unbekannten Col de la Lombarde, der zwischen Ruviera in Italien an der Straße Nr. 21 und Isola in Frankreich an der RN 2205, ca 30 km südlich des Bonette liegt, sollte man unbedingt bei einer Tour in diese Gegend einplanen. Auf einem knapp 2-spurigen, oftmals nur einspurigem durchweg asphaltierten Paßsträßchen kann man eine Fahrt durch eine wunderschöne, relativ unbeachtete und abgelegene Alpenlandschaft genießen. Trotz teilweise extrem enger Kehren kann man diese Strecke mit aller Art von Motorrädern problemlos befahren.

Den Col de la Bonette sowie den Restefond als Superlativ der Alpen – der Bonette ist der höchste befahrbare Pass Europas und bietet ein wohl einzigartiges Alpenpanorama – hier zu beschreiben ist ziemlich unnötig. Was uns – und auch den Frauen – viel Spaß gemacht hat sind die Nebenstrecken um den Bonette. So kann man auch mit einer Gold-Wing – wir haben es damit natürlich nicht ausprobiert, den Bonette an seiner Westseite umfahren. Wir haben die RN 2205 etwa 5 km nördlich von St Etienne de Tinee nach links verlassen Richtung St. Dalmas le Selvage (gut ausgeschildert) und sind auf einem sehr knapp 2-spurigen Asphaltsträßchen durch eine grüne relativ liebliche, einsame Hochgebirgslandschaft um den Bonette Richtung Restefond gefahren. Wie Ameisen konnte man die Fahrzeuge den Bonette erklimmen sehen. Diese Strecke, wir sind sie mehrmals gefahren, scheint sehr unbekannt zu sein, denn uns sind keine anderen Fahrzeuge begegnet.

Am Ende dieser Straße, dem Col de la Moutiere, muss man ein wenig suchen, um zwischen Bonette und Restefond den Einstieg zum Verbindungssträsschen (den Namen hat dieser Weg eigentlich nicht verdient) vom Col de la Moutiers nach Bayasse zu finden (s. Karte). Dem Freund asphaltfreier Pisten hilft dabei, dass man diesen steinigen Pass schon lange vorher vom Bonette aus optisch erkennen kann.

Dieses stark geschotterte Strässchen (s. dieses und die folgenden Fotos) verbindet den Col de la Bonette bzw. Col de la Moutiere mit dem Col de la Cayolle und ist, außer durch ein unbeachtetes verrostetes Verbotsschild, nicht erkennbar ausgeschildert. Wir haben auf diesem kleinen Passsträßchen mehrfach Kontakt mit Uniformierten gehabt, die freundlich winkend offensichtlich keinen Missfallen an unserem Abstecher hatten.

Zum diesem Verbindungssträßchen ist zu sagen, dass es anfänglich (am Bonette) stark geschottert mit teils großen Steinen und tiefen Auswaschungen doch nicht ganz so einfach für Straßenmotorräder zu befahren ist. Unterhalb der Vegetationsgrenze war dann dieser Pass leidlich gut zu befahren. In umgekehrter Richtung vom Cayolle Richtung Bonette dürften Straßenmotorräder an ihre Grenzen stoßen. Vor ein paar Jahren haben wir diese Strecke bergauf befahren und waren ab und zu auf gegenseitige Hilfe angewiesen.

Ein weiteres „Schotterhighlight“, das uns jedoch mit An- und Abfahrt einen Tag beschäftigte, ist der unbedingt sehens- und befahrenswerte Col de Parpaillon etwas nördlich vom Restefond. Dieser fein geschotterte, einsame kleine Pass führt durch eine von Menschenhand relativ unberührte karge Gebirgsgegend mit teilweise sehr schönem Blick auf das Gebirgsmassiv „Montagne de Parpaillon“.

Es empfiehlt sich das Befahren von Süd nach Nord, denn dann kann man an dem kleinen Restaurant am Ende des nicht asphaltierten Abschnitts eine gemütliche Rast einlegen. Meines Erachtens kann der Col de Parpaillon auch mit jedem halbwegs handlichen Straßenmotorrad bewältigt werden.

Heim- fahrt Zurück geht's dann über den parallelen Col de Vars.

Die Heimfahrt nach Hause verlief dann unspektakulär über die Route des Grandes Alpes, sprich – Izoard, Iseran, kleiner und Großer St. Bernhard durch die Schweiz und dann Autobahn bis nach Hause nach Mainz.

Mangels Unterkunft wurde die Heimfahrt dann auch ohne Bett bewältigt (s. Foto) und meine Frau reichte zu Hause wider Erwarten nicht die Scheidung ein. Dies nur zur Warnung an diejenigen, die im August, wo sowohl die Italiener als auch die Franzosen Urlaub zu nehmen pflegen, auf spontane Unterkunft hofft. Wie unsere Frauen haben auch die Motorräder die (Tor)tour gut überstanden und außer Sprit und den täglichen Streicheleinheiten keine außerordentliche Zuwendung verlangt.


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